14. 4. 2006
"Wenn de nicht brav bist, kommste ins Heim!" Kinderheim, Ort drohender
Schrecken. Für manche Kinder wird der Alptraum wahr, es kracht in
der Familie, sie werden abgeschoben, eingewiesen, und überraschend
geht ihr Leben weiter! Manchmal besser als vorher. "Die Villa" versammelt
große und kleine Geschichten von Jungen und Mädchen in einem
Kinderheim in Berlin Karlshorst. Sie sind zwischen neun und 16 und erzählen
wie in einem persönlichen Tagebuch, was sie freut, nervt oder überfordert.
Hoffnung und Verzweiflung, Komik und Härte liegen selten so dicht
beieinander wie in diesen jungen Leben. Anfangs fordert der Filmemacher
Calle Overweg die Kinder auf, sich selbst zu filmen. Das tun sie dann auch,
aber ganz anders als vorgesehen.
Lydia ist zehn und neu. Mit ihr werden die Zuschauer ins Heimleben
eingeführt. Sie kriegt ganz schön was ab. Dabei hat sie selbst
schon einiges erlebt. In einem Trickfilm fasst sie das zusammen. - Dave
ist neun und fährt jedes Wochenende nach Hause zu Papa. Über
seine Mama will er nichts erzählen. Niemand weiß, wo sie ist.
Will auch niemand wissen. Dave ist überzeugt: Wenn Papa eine andere
Arbeit hat, kann er wieder nach Hause. Papa kämpft dafür, er
ist Indianerfan und gibt nie auf. - Maria, 13, ist zwischen Mutter und
Großmutter aufgewachsen. Mit zwölf hatte Maria genug von diesem
Kampf um ihre Person und ist selbst ins Heim gegangen. Nun sitzen Mutter
und Tochter beim Sozialamt zusammen und versuchen sich zu einigen, wie
das gemeinsame Leben weitergehen soll. Schließlich fährt das
ganze Heim in Urlaub. Da bauen die Kinder erst mal richtig Bockmist. Und
Lydia vermisst ihre Eltern sooo.
Der Film zeichnet sich durch einen außergewöhnlichen Erzählstil aus, einer Mischung aus dokumentarischem Beobachten, selbst gesprochenen Kommentaren der Kinder und Zeichentrick-Passagen. Regisseur und Autor Calle Overweg: "Die Kinder sprechen zu den Szenen einen für sie und mit ihnen geschriebenen Kommentar. Diese ungewöhnliche Technik verleiht dem Film spielfilmhafte Dichte. Außerdem sollte das Vorleben der Heimkinder nicht fehlen. In langen Gesprächen konnte ich Teile davon erfahren. Es sind meist subjektive, chaotische, manchmal bedrohliche Erinnerungen, die sich dem Dokumentarfilm verschließen. Ich habe diese Schrecken mit einer Animatorin übersetzt in Trickfilmerzählungen. Sie geben eine Ahnung von den Schicksalen und ihrer Bedeutung für die Kinder, wie man sie mit einer beobachtenden Kamera nicht hätte erreichen können". (Text: ARD)
Bearbeitet am 10. Dezember 2006