Dokumentation von Thomas Palzer und Su Turhan
19. 10. 2011
Inzest, sexuelle Ausschweifungen, Korruption und Brudermord - es gibt
kaum eine Todsünde, die dem Borgia-Clan nicht nachgesagt wird. Allen
voran Rodrigo Borgia, der adlige Emporkömmling aus Spanien, dem es
1492 unter dubiosen Umständen gelingt, als Alexander VI. den Papstthron
zu besteigen. Der frisch gewählte Kirchenfürst entpuppt sich
bald als rücksichtsloser Despot, der nur seine eigenen Interessen
verfolgt und vor nichts zurückschreckt, wenn es darum geht, seine
Macht zu erhalten und auszubauen.
Schnell wird Alexander VI. vom alteingesessenen Adel Italiens gehasst
und seine Machenschaften verteufelt. Doch wer ist dieser Mann? Ein skrupelloser
Aufsteiger? Der Kopf einer machtgierigen Mafia, der alles daran setzt,
seine Familien in Italien zu installieren? Geistlicher oder Gesetzloser?
Die Überlieferungen zeichnen ein diabolisches Bild von Alexander VI.
alias Rodrigo Borgia. Aber was ist dran an diesen Gerüchten, und wie
sind sie zu bewerten? Die Dokumentation "Der Fall Borgia" begibt sich auf
Spurensuche und begegnet einer Persönlichkeit, die zwischen eiskaltem
Kirchenpolitiker und sinnlichem Familienmensch oszilliert.
Alexander VI. lebt in Rom weniger das Leben eines Papstes als das eines
feudalen Renaissanceherrschers. Er hält sich mehrere Mätressen
und zeugt mindestens sechs uneheliche Kinder, zu denen er sich unverhohlen
bekennt und die er geschickt und bedenkenlos in seine politischen Machenschaften
verstrickt. Seine Tochter Lucrezia zwingt er drei Mal in die Ehe; die Wahl
ihrer Männer erfolgt unübersehbar mit politischem Kalkül.
Seine Söhne Juan und Cesare bekleidet der Kirchenfürst mit hohen
Ämtern und Würden. Cesare ernennt er mit 18 Jahren zum Kardinal,
Juan wird Oberbefehlshaber der päpstlichen Armee, militärische
Misserfolge ändern daran nichts. Darüber hinaus deckt Alexander
VI. die Straftaten seiner Kinder und sieht auch über eigene Fehltritte
geflissentlich hinweg. Sein Ziel ist es, ein machtvolles, geheimbundähnliches
Familienunter-nehmen zu installieren.
Trinkgelage und Sex-Orgien, Günstlingswirtschaft, Grausamkeiten
- die Liste der Verfehlungen des Dieners Gottes sind lang. Zeitgenossen
wie Girolamo Savonarola prangern Papst Alexander VI. infolgedessen immer
wieder wegen seiner Sittenlosigkeit öffentlich an. Gleichzeitig dienen
der Papst und sein Sohn Cesare dem Staatsphilosophen Niccoló Machiavelli
als Vorbild für sein welt-berühmtes Traktat "Il Principe" ("Der
Fürst").
Bis heute polarisiert Papst Alexander VI., und zweifelhafte Überlieferungen
erschweren ein klares Urteil über seine Person. Wer war er wirklich,
dieser Papst? Was ist Mythos, was Wirklichkeit im "Fall Borgia"?
Die 45-minütige Dokumentation ergänzt die sechsteilige Borgia-Saga
und erzählt die Geschichte von Alexander VI. und seiner Familie. Experten
wie Helmut Markwort, Marina Münkler und Uwe Neumahr liefern umfassende
Analysen über die Politik des Papstes und bringen Licht in eines der
dunkelsten Kapitel europäischer Geschichte.
Hups: Seit wann ist Helmut Markwort ein Experte in Sachen "Borgia"?
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Bearbeitet am 30. Todestag meines Vaters