Film von Florian Hartung und Heike Nelsen Minkenberg
4. 1. 2015
Den Ort Tannbach gibt es wirklich. Ein schmales, sechs Kilometer langes
Rinnsal, das seit Jahrhunderten Bayern von Thüringen trennt. Wer auf
welcher Seite des Baches lebt, hatte für die Bauern dort kaum eine
Bedeutung bis 1945. Als der Zweite Weltkrieg endet und Deutschland
in Besatzungszonen aufgeteilt wird, sind auf einmal Nachbarn, Freunde und
Familien voneinander getrennt. Bald beginnt der Kalte Krieg, und es wird
zur Schicksalsfrage, wer auf welcher Seite des Baches lebt. Auch das Dorf
Mödlareuth wird durch den Tannbach geteilt. Es ist ein Brennglas deutscher
Geschichte und steht stellvertretend für ein ganzes Land.
Berichtet der dreiteilige Fernsehfilm "TANNBACH" in einer spannenden
Spielhandlung vom Leben an der "Zonengrenze", lässt die Dokumentation
von Florian Hartung und Heike Nelsen Minkenberg Zeitzeugen zu Wort kommen,
die ihre persönlichen Erlebnisse aus den Jahren des Kalten Krieges
schildern an der Nahtstelle zwischen Ost und West.
Neben ehemals sowjetischen und amerikanischen Veteranen, die an der
Grenze der Besatzungszonen Dienst schoben, kommen Männer und Frauen
zu Wort, deren Schicksal es war, sich mit der Spaltung ihrer Heimat zu
arrangieren oder zu gehen. Menschen, die mitten in Deutschland
lebten und sich auf einmal am "Ende der Welt" wiederfanden. Plötzlich
war der gewohnte Schulweg versperrt, wohnten Verwandte auf einmal "drüben".
"Ich hab' mich wahnsinnig erschrocken. Ich hab' als Kind gar nicht so verstanden,
dass die eine Hälfte von dem Dorf in Bayern und die andere in Thüringen
war", erinnert sich der damals zwölfjährige Wolf Dieter Schwabe,
der auf bayerischer Seite aufgewachsen ist. "Dann stand da auf einmal ein
Bretterzaun, mitten durch das Dorf." Der Zaun wurde im Jahr 1952 gezogen,
als der Müllerfamilie eine spektakuläre Flucht in den Westen
gelang. "Die Frauen sind aus den Stalltüren gekrochen, der Vater ist
aus dem Fenster gesprungen und ich vom Heuboden, ganz oben" erinnert sich
der heute 89 jährige Arno Wurziger. Der Sprung in die Freiheit konnte
gelingen, weil das Haus genau auf der Grenze stand. Wenige Tage später
wurde es abgerissen.
Aus dem Bretterzaun der ersten Jahre wurde eine Grenze aus Stacheldraht.
Und für Jahrzehnte durchzog das Örtchen Mödlareuth sogar
eine Mauer. Der spätere amerikanische Präsident George Bush sen.
sprach bei einem Besuch von "Little Berlin". Der Name ging um die Welt.
Dass aus "Little Berlin" eines Tages wieder ein vereintes Mödlareuth
werden würde, darauf hatte in dem kleinen Ort keiner mehr zu hoffen
gewagt. Wie es dann aber doch geschah, auch davon berichtet die Dokumentation.
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Bearbeitet am 8. Januar 2018