Aus der Haut

9. 3. 2016

Personen: Merlin Rose (Milan), Claudia Michelsen (Susann), Johann von Bülow (Gustav), Leonard Proxauf (Christoph), Johannes Krisch (Roland), Manuel Rubey (Harro), Nicole Mercedes Müller (Larissa) u.a.
Musik: Chris Bremus; Kamera: Michael Kotschi; Buch: Jan Braren; Regie: Stefan Schaller

Es gibt Filme, die sind ärgerlich. Nicht, weil sie Klisches und Sterotype bedienen, sondern weil sie dies auf plumpe Art machen. Dieser Fernsehfilm hätte etwas werden können, schon wegen der guten Besetzung. Allein beim Drehbuch wurde geschludert.

Das triste Urlaubsglück von Susann und Gustav wird jäh durch einen Anruf gestört. Milan, ihr einziger Sohn, liegt im Krankenhaus. Er hat betrunken einen Autounfall verursacht. Zunächst macht Gustav seinem siebzehnjährigen Sprössling Vorhaltungen, doch dann findet er im Autowrack einen Abschiedsbrief. Milan hat einen Selbstmordversuch unternommen. Es dauert, bis der Junge seinen Eltern gesteht, dass er schwul ist. Sein Coming Out löst zwar kein Entzücken bei den beiden Alten aus, aber sie bieten ihm Hilfe und Unterstützung an. In der Schule bleibt das Geheimnis kein Geheimnis mehr, denn ganz im Vertrauen verrät Milans Mitschüler Christoph einem anderen Schüler, dass Milan ihm an die Wäsche wollte. In der Klassengemeinschaft wird Milan isoliert. Eine geplante Klassenfahrt bereitet einigen heterosexuellen Jungs Schwierigkeiten, denn sie möchten nicht mit einem Schwulen in einem Zimmer übernachten. In einer schwulen Szenebar beginnt Milan eine Affäre mit dem Fotgrafen Harro, der ihn entjungfert, aber an einer Beziehung nicht interessiert ist. Frustriert kehrt Milan zu den Eltern zurück, deren Ehe in einer Krise steckt: Gustav zieht es nach Berlin, Susanne zu einen anderen Mann. Milan versöhnt sich mit Christoph.

Ach ist das platt und einfallslos. Der schwule Jüngling, der sich nicht zu helfen weiß und sich das Leben nehmen will. Boah, wo hat der Autor diesen Einfall her? Merlin Rose schleppte sich mit herunterhängenden Mundwinkeln durch den Film, seine Augenringe vom Maskenbildner in hervorragender Arbeit immer dunkel gehalten. Seufz. Autor Jan Braren hatte schon Jonas Nay in "Homevideo" mit herunterhängenden Mundwinkeln in das heulende TV-Elend geschickt und durch einen Freitod der Hauptfigur viele Preise eingeheimst. Nun beglückte er mich mit einem Schwulen-Drama. Dabei wäre die bleierne Dramatik nicht nötig gewesen. In der zweiten Hälfte gewann die Geschichte an Fahrt. Das Outing des Jungen vor seinen Eltern war sehenswert, die Überforderung der Mutter mit der Sexualität ihres Sohnes und dem Verzicht auf Enkelkinder war hörenswert. Braucht der Autor einen dramatischen Tod? Ja bitte, hier mein Vorschlag: Milans Freundin, degradiert zur Ex-Freundin, hätte sich ins Unglück stürzen können, weil sie bei dem jugendlichen Helden nicht zum Orgasmus kam. Versuchter Freitod aus Liebeskummer ist auch nicht wirklich prickelnd, aber dass eine Heterosexuelle wegen verschmähter Liebe zu einem Homo zum Autoschlüssel greift, wäre mal was anderes gewesen. Immerhin lohnten die 90 Minuten wegen ... naja, wer es gesehen hat, weiß, welche Szenen mein Auge erfreuten.

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Bearbeitet am 12. März 2016

(C) des Textes: Norbert Korfmacher