Wir sind Münster
Der elfte CSD in Münster am 31. August 2019

Das stimmt natürlich nicht und ein bisschen stimmt es doch: Münster erlebte erst seinen elften CSD. Tatsächlich erlebte Münster schon viele Demonstrationen für die Rechte von Schwulen und Lesben. 1972 fand die erste deutsche Schwulen-Demo in Münster statt. Seit den neunziger Jahren organisierte das KCM das standFest: man verzichtete bewusst in Münster auf den Namen CSD, weil man es hier nicht nötig hatte, sich in amerikanische Tradition zu stellen. Diese Pointe erzähle ich immer wieder gerne.

Das KCM hat diese Führungsposition ab 2006 aufgegeben. Unter dem Vorsitz von Richard Halberstadt veranstaltete der Verein zuvor im Rathausinnenhof ein öffentliches Happening unter dem schönen Titel "Wir sind Münster", welches der CSD in diesem Jahr recycelte, vermutlich aus schlichter Unwissenheit um die Vergangenheit. Nichts war übrigens schwieriger als ein gescheites Motto für ein standFest zu finden, insofern kann ich verstehen, wenn man unwissentlich ein Motto wiederholt.

Im Oktober 2006 brach im KCM die hässliche Herrschaft an, die satte sechs Jahre dauerte. 2007 fand das standFest in den Räumen des KCM statt, die Öffentlichkeit wurde nicht erreicht. Vereinsintern blickte ich in einen Abgrund, der schließlich zu meinem Austritt aus dem Verein führte: eine meine klügeren Entscheidungen. Zu den Dingen, die der Vorstand cancelte, gehörte eben auch das standFest. Als 2009 der vierzigste Jahrestag der Stonewall-Unruhen anstand, rührte sich das Schwulenzentrum nicht. Es fanden sich junge Leute, die den freien Platz besetzten. Als die hässliche Herrschaft im Herbst 2012 endete, hatte das KCM viel verloren: 2006 hatte es noch eine Jugendgruppe, eine Seniorengruppe, ein monatlich erscheinendes gedrucktes Blättchen, das standFest. Das KCM hatte diese Plätze freiwillig geräumt, das eingesparte Geld landete ... ja, in wessen hässliche Taschen landete die Kohle? Einerlei, die Mitglieder billigten alle diese Vorgänge und hoben dafür die Hand. Oder anders: alle wussten alles.

Insofern wundert es mich nicht, dass das KCM in Münster nur mehr eine marginale Rolle spielt. War man 2006 noch Hauptveranstalter eines öffentlichen Happenings, so war man 2019 nur noch ein Mitspieler unter vielen. Die Verantwortung für den CSD liegt woanders, der Ruhm damit auch.

Nun kann man fragen, ob ein CSD in dieser Zeit noch eine Berechtigung hat. Immerhin sind die größten Brocken der Benachteiligung beseitigt. Eine Diskriminierung durch den Staat ist nicht mehr gegeben. Mehr noch: mit der Homoehe dürfen jetzt auch Schwule und Lesben so leben wie Heteros. Mal ganz davon abgesehen, dass ich genau das nicht möchte, könnte man Hurra schreien.

Ein Blick auf die Frauenbewegung indes zeigt, dass Diskriminierungen nicht per Gesetz beendet werden. Die Gleichheit der Geschlechter ist seit 1949 im Grundgesetz festgeschrieben, angekommen ist man in der Realität nicht. Auch Rassismus und Antisemitismus sind verboten. Auch hier ist die Realität eine andere. Und die Feinde der bürgerlichen Freiheiten regen sich seit ein paar Jahren ungeniert, diese Gestalten haben mit der Frauenemanzipation, den Rechten von Schwulen und Lesben nichts im Sinn; und dass Rassismus ein Hauptelement dieser verdorbenen politischen Strömung ist, überrascht nicht. Antisemiten finden sich dort natürlich auch.

Mein Fazit: der CSD als öffentliche Veranstaltung für die Rechte der Schwulen und Lesben ist nötiger denn je.

Wie war nun der CSD 2019? Toll. Er fand erstmals am Hafen statt, direkt vor den Stadtwerken. Obwohl es für meine Bequemlichkeit besser war, den CSD am Aasee zu veranstalten, aber es geht eben nicht um meine Bequemlichkeit.

Seufz.

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Bearbeitet am 8. September 2019
(C) Norbert Korfmacher