Lewis Trondheim & Nicolas Keramidas: Mickey`Craziest Adventures. Aus dem Französischen von Uli Pröfrock, Egmont Verlagsgesellschaft mbH, Berlin 2017.
Wer kennt sie nicht, die Maus, die Walt Disney bekannt und berühmt
gemacht hat? Eben, ich schreibe von Micky Maus, der langweiligen Figur
aus dem Cartoon-Universum des Alt-Meisters.
Die Maus wurde schnell recht brav, sie durfte sich nicht mehr so daneben
benehmen und musste nett sein. Donald Duck lief ihr den Rang ab an Beliebtheit
und an Abenteuerlust. Kurz: aus Micky wurde über Jahre und Jahrzehnte
ein ... Langweiler. Alle wussten und wissen das, und seit geraumer Zeit
gibt es Leute, die das ändern.
In diesem Jahr fielen mir gleich drei Werke in die Hände, die zeigen,
dass man aus der Maus sehr viel herausholen kann. Den Anfang machte ausgerechnet
das Lustige Taschenbuch, welches so lustig schon lange nicht mehr ist,
und welches trotzdem 2017 auf stolze fünfzig Jahre zurückblicken
kann, mit 500 Taschenbücher. Mein Auge fiel auf Band 491: "Die
Schatzinsel". Hier übernimmt Micky die Rolle von Jim Hawkins,
Kater Karlo gibt den einbeinigen Silver. Das ist eine adäquate Umsetzung
des alten Stoffes. Natürlich hat man alle brutalen Szenen entfernt,
und trotzdem kommt Spannung auf.
In Frankreich war man 2016 sehr mutig und ließ Künstler
der Gegenwart die Geschichten der Maus neu interpretieren. In "Mickey`Craziest
Adventures" und "Café Zombo" gehen die Autoren dabei
mehrere Schritte zurück. Das geschieht indes nicht im Heftformat,
sondern in zwei edlen Büchern, die schon vom Papier her meine Aufmerksamkeit
geweckt haben (man merkt: ich arbeite im Verlagswesen).
In "Mickey`Craziest Adventures" wird so getan, als ob es in den sechziger Jahren eine besondere Comiczeitschrift gegeben hätte, in der Micky und Donald besonder schrille Abenteuer erlebt hätten; von den einzelnen Heften seien indes nur einzelne Seiten in einem schlechten Zustand erhalten, die man nun dem geneigten Publikum präsentiere. Tatsächlich wirken die Seiten eher wie die Sonntagscartoons, nicht wie Geschichten aus einem Heft a la Barks. So beginnt es mit Folge 2. Den Inhalt verkneife ich mir, die Bewertung nicht: das ist trotz der eher mauen zeichnerischen Qualität eine unterhaltsame Geschichte. Eben crazy.
Noch besser ist "Café Zombo" gelungen. Die Geschichte
spielt in den Anfängen der Maus, in den dreißiger Jahren des
20. Jahrhunderts, also zur Zeit der großen Depression in den USA.
Ein windiger
Banker gelangt zu einer tollen Erkenntnis: "Ein Golfplatz hat noch nie
etwas verschandelt! Ganz im Gegenteil!" Dafür benötigt er indes
Platz und billige Arbeitskräfte. Unterstützt wird er bei dem
Ansinnen, die Menschen aus ihrer Siedlung zu vertreiben und sie zugleich
als Lohnsklaven zu halten, von Kater Karlo; wer auf der anderen Seite steht,
ahnt man: es ist eben Micky Maus. Dieser Comic ist stilecht gezeichnet,
die Geschichte einfach nur irre und sehr gelungen.
Mein Fazit lautet: die Maus war nie weg und ist wieder da. Sichtbar, zur Freude des Publikums.
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Bearbeitet am 12. Dezember 2017
(C) des Textes: Norbert Korfmacher