Jahrestage

14. 11. 2000
Manhattan, August 1967. Gesine Cresspahl lebt mit ihrer elfjährigen Tochter Marie in New York und arbeitet als Fremdsprachenkorrespondentin in einer Bank. Jeden Morgen, auf dem Weg zur Arbeit, kauft sie sich ihre geliebte New York Times. Das macht ihren Chef, Vice-President De Rosny, auf sie aufmerksam, und der nutzt die Gelegenheit, sie anzusprechen.
Doch zu Männern hält Gesine Distanz. Auch ihr wohlhabender Verehrer Dietrich Erichson, genannt D.E., kommt nicht richtig an sie ran. Seitdem Jakob Abs, ihre große Liebe und Vater ihrer Tochter, zehn Jahre zuvor von einem Zug überfahren worden ist, verliert Gesine sich oft in Erinnerungen: Sie will nicht noch einmal den Schmerz des Verlassenwerdens spüren. Marie besucht eine Klosterschule, in der die Klassenlehrerin, Sister Magdalena, ein strenges Regiment führt. Besonders Maries Engagement gegen den Vietnamkrieg missfällt ihr. Als Gesine von einer Sprechstunde in der Schule heimkehrt, findet sie alte Familienfotos auf dem Fußboden ausgebreitet. Marie will alles wissen über ihren Vater und die Vergangenheit, sie will sich nicht länger hinhalten lassen. So beginnt Gesine, die Familiengeschichte der Cresspahls zu erzählen. Das Erzählen fällt ihr schwer, die oft schmerzhafte Erinnerung lässt sie am Ende matt und fiebernd im Bett liegen.
Mecklenburg: Strandgasthof Rande, 1931. Während eines Besuchs in seiner Heimat Mecklenburg trifft der 43-jährige Tischler Heinrich Cresspahl die 25-jährige Lisbeth Papenbrock. Ein intensiver Blick genügt, und er ist verzaubert. Er folgt Lisbeth nach Jerichow, hält um ihre Hand an und erklärt den erschrockenen Eltern, dass er mit seiner Frau nach England zurückgehen will. Jerichow, März 1933. Hakenkreuzfahnen sind aufgezogen, die neue Macht regiert. Lisbeth und ihr Mann sind zur Geburt ihrer ersten und einzigen Tochter Gesine aus England nach Hause zurückgekehrt. Nur seiner heimwehkranken Frau zuliebe nimmt es Cresspahl auf sich, wieder in Deutschland zu leben.
Allmählich hält auch Lisbeth den Belastungen nicht mehr stand. Sie verkriecht sich in die Kirche zum Beten und fragt sich, wie ein Kind mit dieser Situation leben soll, wenn es schon einem Erwachsenen kaum gelingt. Zur Sühne versagt sie sich und der kleinen Gesine das Essen, bis das Kind Hunger leidet. 1939 erreichen die antisemitischen Aktionen ihren vorläufigen Höhepunkt. Die Nazis haben den Laden des jüdischen Händlers Tannebaum in Brand gesteckt. Frieda Tannebaum entkommt mit ihrer Tochter Marie den Flammen. Marie wird von Bürgermeister Jansen erschossen.
Dieser Vorfall zerstört Lisbeths Lebenswillen endgültig. Während Heinrich mit Gesine verreist ist, schließt sie sich in der Werkstatt ein, vergießt Petroleum, fesselt sich an Händen und Füßen, stößt die Petroleumlampe um und überlässt sich den Flammen.

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Bearbeitet am 16. Dezember 2000