23. 11. 2004
2. Wernher von Braun - Der Raketenmann
Er fand schon als Jugendlicher Gefallen an explosiven Stoffen und Feuerwerksraketen
und träumte von Flügen ins All. 1969 ging die Vision des Wernher
von Braun in Erfüllung, der erste Mensch setzte seinen Fuß auf
den Erdtrabanten. Von Braun gilt als einer der "Väter des Mondflugs".
Es war eine der großen Karrieren des vergangenen Jahrhunderts, deren
dunkle Schatten erst allmählich sichtbar wurden.
In Hitlers Vernichtungskrieg baute der begnadete Techniker für
den Diktator "Vergeltungswaffen". Von Braun war federführend bei der
Entstehung der so genannten V2 in Peenemünde auf Usedom. Die Rakete
sollte die Wende bringen, als der Untergang des "Dritten Reiches" längst
schon offenkundig war. Dem NS-Regime war von Braun als junger Ingenieur,
der vor allem an die Verwirklichung seiner Pläne dachte, sehr willkommen.
Als Hitler an die Macht kam, war er gerade 20 Jahre alt. Der von vielen
Menschen seiner Umgebung als "Sonnyboy" Beschriebene träumte weiter
vom Flug ins All, doch auf dem Weg dorthin paktierte er mit den Militärs.
Als geschickter Manager spielte er die Waffengattungen gegeneinander aus
und erlangte dadurch enorme Geld- und Materialressourcen. Um auch im Krieg
höchste Priorität für seine Projekte zu erhalten, warben
er und hohe Militärs bei Hitler persönlich. Himmlers Angebot,
in die SS einzutreten, schlug er nicht aus. Dem Raketenmann war früh
bewusst, dass das Regime alleine an der militärischen Nutzung seiner
Flugkörper interessiert war, später sollte er immer wieder behaupten,
er habe nie an deren Einsatz geglaubt. 1942 stieg der erste Prototyp der
späteren "Vergeltungswaffe" V2 auf; sie erreichte vierfache Schallgeschwindigkeit
und war imstande, die Hauptstädte Westeuropas zu treffen. Hitler war
begeistert und ließ die V2 zu Tausenden herstellen. Derweil entwickelte
Braun schon Pläne für eine Rakete, die bis nach New York reichen
sollte. 3170 abgeschossene V2-Raketen forderten über 5000 Menschenleben.
Doch noch mehr Opfer forderte der Bau der Waffe selbst. Bei der Produktion
der vermeintlichen "Wunderwaffe" im unterirdischen Werk "Dora-Mittelbau"
in Thüringen starben mehr als 10.000 KZ-Insassen. Nach dem Krieg wollte
Wernher von Braun sich kaum daran erinnern: Er bedauerte stets die unmenschliche
Behandlung der Arbeitssklaven, wies aber jede persönliche Mitverantwortung
zurück. Doch die vermeintlich "saubere" Raketenforschung in Peenemünde
und die Verbrechen des Regimes in Dora-Mittelbau geschahen nicht in parallelen
Universen - sie waren aufs Engste miteinander verknüpft: auch in der
Person Wernher von Brauns. Bei Kriegsende stellte sich von Braun mit seinen
engsten Mitarbeitern den Amerikanern, die an dem Wissen der Raketenbauer
sehr interessiert waren und keine allzu unbequemen Fragen stellten. Braun
wurde in den USA zu einem entscheidenden Protagonisten des US-Raumfahrt-
und Mondlandeprogramms. Sein früher Tod im Jahr 1977 ersparte ihm
die schonungslose Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit. KZ-Überlebende
wie der Holländer Albert van Dijk sehen ihn als Mittäter. Der
Nichtnazi Braun ließ sich in ein Regime verstricken, das ihm alle
Mittel bot. Der Film zeigt Dokumente, die belegen, was der Raketenmann
veranlasste, wusste oder stillschweigend akzeptierte - ob es um den Einsatz
seiner Rakete als "Terrorwaffe" ging oder um das Schicksal der Zwangsarbeiter
im KZ-Dora-Mittelbau und in Peenemünde.
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Bearbeitet am 5. Januar 2005