Hitlers Manager

7. 12. 2004

4. Alfred Jodl - Der General
Nur einmal trat er vor den Augen der Welt aus Hitlers Schatten heraus. Doch diese Minuten genügten, um seinen Namen in die Geschichtsbücher zu bringen. Am 7. Mai 1945, um 2.41 Uhr morgens, unterschrieb General Alfred Jodl unter dem Blitzlichtgewitter der Presse die deutsche Kapitulation in Reims.
Alfred Jodl, Hitlers pflichtbesessener General, war dessen Manager in Sachen Krieg. Als Chef des Wehrmachtsführungsstabs im Oberkommando der Wehrmacht, sah er die Front so gut wie nie und war doch Hitlers engster Militärberater - bis zur Niederlage. Während andere Generäle ihre Divisionen in die Schlacht führten, nahm Jodl im Hauptquartier an über 5000 Lagebesprechungen teil. Tag für Tag, von Kriegsbeginn bis -ende, berichtete er dem Diktator über die militärische Lage, brachte die Befehle Hitlers zu Papier und sorgte dafür, dass sie an die zuständigen Befehlshaber und Behörden gelangten. Eine Mammutaufgabe, die den fleißigen Bürokraten oft bis in die Morgenstunden in Atem hielt. Seine Stellung hatte er seiner fachlichen Kompetenz zu verdanken, nicht seiner braunen Gesinnung. Hitler stand er 1933 skeptisch gegenüber. Doch das änderte sich rasch, als er zu Beginn des Kriegs in dessen Bann geriet. Zum bloßen Jasager ließ er sich nie degradieren - mitunter widersprach er dem Tyrannen - aber immer nur aus sachlichen, nie aus moralischen Gründen. In seinem Selbstverständnis war er stets und nur Soldat, der die Befehle seines Staatschefs effektiv, ergeben und vor allem treu ausführte - auch wenn er sich bewusst sein musste, dass diese gegen Völkerrecht und Menschlichkeit verstießen. Jodl war kein ideologisch verbohrter Finsterling, kein rückgratloser Erfüllungsgehilfe wie sein Vorgesetzter Keitel. Doch er lebte die Tugend eines pflichtversessenen militärischen Gehorsams bis zum bitteren Exzess. In der Treue zu Hitler glaubte Jodl, Deutschland treu zu sein, obwohl kaum einer wie er sehen konnte, wie der Kriegsherr Deutschland in die Katastrophe führte. Dass höchste Stellung auch höchste Verantwortung bedeutet, hat er für sich nie akzeptiert. Sein Gehorsam gegenüber dem Diktator ließ eine geistige Auseinandersetzung mit der Verstrickung, in die er geraten war, nicht zu.
Nach Hitlers Selbstmord unterschrieb Jodl als Vertreter Dönitz' am 7. Mai 1945 in Reims die Kapitulationsurkunde. In Nürnberg vor Gericht gestellt, verneinte er entschieden die Frage nach seiner persönlichen Schuld, obwohl einige der verbrecherischen Befehle über seinen Schreibtisch liefen. Er stellte sich als pflichtbewussten, politisch naiven Offizier dar, der ganz in seinen militärischen Aufgaben aufgegangen sei und vom Holokaust und anderen Gräueltaten keine Ahnung gehabt hätte - eine Sicht, die Ergebnisse von ZDF-Recherchen in Zweifel ziehen. Die Richter verurteilten Hitlers Gefolgsmann zum Tode. Aus der Zelle schrieb er anrührende Abschiedbriefe an seine Frau. Sie sollte sein Vermächtnis bewahren.
Alfred Jodl starb durch den Strang - doch ohne Schuldbewusstsein.

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Bearbeitet am 5. Januar 2005