Der Erste Weltkrieg

9. 8. 2004

4. Schlachtfeld Heimat
Der Erste Weltkrieg wird nicht nur an der Front geführt. Luftangriffe, Vertreibung, Blockade, Hunger: Die Heimat wird zum Schlachtfeld. Zum ersten Mal in der Geschichte ist die Zivilbevölkerung total in einen Krieg einbezogen. Sie soll nicht nur Waffen produzieren, sondern auch der kämpfenden Truppe moralisch und finanziell den Rücken stärken. Tod, Hunger und Entbehrung untergraben besonders in der zweiten Kriegshälfte die Stimmung an der Heimatfront.
Der Film von Anne Roerkohl zeigt anhand weitgehend unbekannter Archivfilme, welche Register gezogen werden, um die Heimat zum "Durchhalten" zu bewegen. Eine ungeheure Propagandalawine kommt ins Rollen, wobei erfolgreich das neue Massenmedium Film eingesetzt wird. Viele Menschen sind zum ersten Mal im Kino. Die bewegten Bilder haben eine gewaltige Wirkung, der sich niemand entziehen kann.
Noch lebende Zeitzeugen in Deutschland berichten von den ständigen Sammlungen, wie "Gold gab ich für Eisen", aber auch von der großen Not in der Heimat, von Hunger, Steckrüben und Kopfläusen. Die Kinder von damals spielten und lernten ganz im Zeichen des Krieges. Englische Zeitzeugen erzählen von Angriffen deutscher Zeppeline auf London und wie der Hass auf die Deutschen sich in Überfällen auf deutsche Geschäfte entlädt.
Im Mittelpunkt der Filmdokumentation stehen drei Biografien: Die Pöhlands, eine Bremer Arbeiterfamilie, die durch den Krieg getrennt wird. Der Pazifist Robert Pöhland kämpft an der Westfront. Seine Frau Anna muss zu Hause in Bremen zum ersten Mal die fünfköpfige Familie alleine durchbringen. Ihre täglichen Briefe sind Zeugnisse gegen den Krieg - und gleichzeitig Dokumente des Alltags in Zeiten der Not. Käthe Buchler, eine Braunschweiger Amateurfotografin, zeigt mit ihren eindrucksvollen Bildern den patriotischen Opfer- und Durchhaltewillen des Bürgertums. Anna Nemitz, eine Berliner Sozialdemokratin, engagiert sich in der neu gegründeten USPD für ein sofortiges Kriegsende. Einem Prozess wegen Hochverrats entgeht sie nur durch den Ausbruch der Revolution im November 1918.
Bei Kriegsende 1918 sind allein in Deutschland weit über 700.000 Zivilisten gestorben - vor allem Frauen, Kinder, Kranke und alte Menschen. Nach vier Jahren totaler physischer und psychischer Überforderung und völliger Erschöpfung haben die meisten Menschen nur noch den Wunsch nach Frieden.

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Bearbeitet am 20. August 2004