31. 10. 2005
2. Risiko Operation
Ein außergewöhnlicher Operateur, dem die Heilkunst viel
zu verdanken hat, ist der französische Feldscher (Militärarzt)
Paré. 1552 fand er heraus, dass der Tod durch Verbluten, wie er
seit der Antike viele Eingriffe begleitete, buchstäblich unterbunden
werden kann: "Gott hat mir die Eingebung gegeben, die freigelegte Schlagader
der Amputierten mit einem Faden zuzuschnüren", bekannte der Armeearzt,
und rettete mit seiner bis heute praktizierten "Ligatur" Unzähligen
das Leben. Die Grundlage für Parés Erfolg war die Anatomie
,die sein Zeitgenosse Andreas Vesalius revolutionierte. Mit der Öffnung
von Leichen und der detailgenauen Untersuchung der Toten brach der schon
mit 22 Jahren zum Professor Berufene ein großes Tabu. Jedes Organ,
jeden Muskel beschrieb er, jede Blut- und Nervenbahn verfolgte er bis in
die kleinste Verästelung - und machte so aus der Anatomie eine moderne
Wissenschaft.
Doch was nutzt alles Wissen über den menschlichen Körper,
wenn operative Eingriffe mit unerträglichen Schmerzen verbunden sind?
Mit Schmerzen, die langwierige und komplizierte Operationen unmöglich
machen? Solche Fragen zeigen, welche Bedeutung der Narkose zukommt. Erfunden
wurde sie 1846 im amerikanischen Boston, wo der Zahnarzt William Morton
einen Patienten erstmalig Äther inhalieren ließ. Ohne Schreie,
ohne Schmerzen konnte ihm der Chirurg Warren einen Tumor am Hals entfernen.
"Der Beruf des Chirurgen" sagte Warren später,"ist für immer
von seinem Schrecken befreit." In Essenzen getränkte Schwämme,
abtreibende Kräuter, Kondome aus Schafsdärmen und Fischblasen
- die Verhütungsmethoden der vergangenen Jahrhunderte waren abenteuerlich.
Eine Zeitenwende bahnte sich erst in den 30er Jahren des vergangenen
Jahrhunderts an, als Chemiker in Berlin die Formeln der Sexualhormone Östrogen
und Gestagen entschlüsselten .Damit schufen sie die Grundlage für
die Entwicklung der Anti-Baby-Pille. 1970 wurden allein in Deutschland
30 Millionen Monatspackungen des Mittels verkauft - und mit jeder ein Stück
Selbstbestimmung für Frauen, wie es sie vorher nie gegeben hatte.
Doch ungewollte Schwangerschaften waren nicht die einzige Folge vieler
sexueller Begegnungen. Lange Zeit quälten auch tödliche Geschlechtskrankheiten
wie die Syphilis die Menschen.
Dies änderte sich erst, als der Frankfurter Chemiker Paul Ehrlich
im Jahr 1909 Hunderte von Experimenten mit dem Ziel unternahm, die bedrohliche
Seuche zu besiegen. Sein Versuch Nummer 606 war endlich erfolgreich: Ehrlich
hatte eine Arsenverbindung hergestellt, die Syphilis-Bakterien abtötet.
Mit seinen bahnbrechenden Forschungen wurde er zum Begründer der Chemotherapie.
Menschliches Leben zu retten war und ist die Devise der Medizin. Doch wie
das Leben entsteht, blieb bis zum 17. Jahrhundert ein Geheimnis.
Damals erreichte die "Royal Society" in London ein Brief aus dem holländischen
Delft. Absender war der Tuchhändler Antonie van Leeuwenhoek. Um die
Qualität seiner Stoffe zu prüfen, betrachtete er sie durch selbst
gefertigte Mikroskope. Doch Leeuwenhoek interessierte sich nicht nur für
die Beschaffenheit von Stoffen - seine wahre Leidenschaft galt dem Mikrokosmos
der Natur. Eines Tages untersuchte Leeuwenhoek sein eigenes Sperma, das
"was bei jeder ehelichen Vereinigung zurückbleibt". Und er sah "kleine
Tierchen", von denen er 1677 nach England berichtete. Dort ließ man
seine Beobachtung prüfen und war nach anfänglicher Skepsis überzeugt:
Der Holländer hatte den menschlichen Samen entdeckt.
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Bearbeitet am 30. Dezember 2005