13. 11. 2006
3. 1631 - Das Massaker von Magdeburg
10. Mai 1631. Im Herzen Europas tobt schon seit 13 Jahren ein Krieg,
den sie später den 30jährigen nennen werden. Gekämpft wird
in diesem Krieg um das richtige Bekenntnis - um Protestantismus oder um
Katholizismus - aber auch, weil allerlei Staaten ihre Macht und ihren Einfluss
ausweiten wollen. Magdeburg wird nun schon seit Monaten von einem katholischen
Söldnerheer belagert. Die Handelsmetropole an der Elbe gilt als hochmütige
Hochburg des Protestantismus. Etwa 30.000 Menschen sind in der Stadt eingeschlossen
und hoffen auf Unterstützung durch die schwedischen Truppen. Vor den
Stadttoren lagern 30.000 Soldaten aus aller Herren Länder: Ungarn,
Kroaten, Polen, Italiener, Spanier, Franzosen, Deutsche. Außerdem
ihre Frauen und Kinder, Händler und Handwerker - der Tross. Die Umgebung
wird kahl gefressen - der Krieg ernährt den Krieg. Die besetzten Gebiete
müssen Kontribution zahlen oder werden geplündert. Zurück
bleiben zerstörte Landschaften, abgebrannte Höfe und Dörfer.
Das katholische Heer vor den Toren Magdeburgs wartet schon lange. Darauf,
dass die Stadt endlich aufgibt, sich freikauft. Die Söldner sind nicht
aus Frömmigkeit in diesen Glaubenskrieg gezogen, sondern um "Beute
zu machen". Ihr Lohn ist das, was beim Plündern und Brandschatzen
für sie abfällt. Und Magdeburg ist reich. Sehr reich. Am Abend
des 9. Mai verstummen plötzlich die Kanonen. Für Magdeburg bahnt
sich eine Katastrophe an, die sich in das Gedächtnis Europas einbrennen
soll. In den frühen Morgenstunden des 10. Mai wird das Signal zum
Angriff gegeben. In nur vier Tagen wird die stolze Hansestadt restlos vernichtet.
20.000 Einwohner - Männer, Frauen, Kinder - werden von der anstürmenden
Soldateska erbarmungslos niedergemetzelt, die Stadt in Brand gesetzt und
in Schutt und Asche gelegt. Die Zerstörung ist nahezu vollständig.
Wer nicht erschlagen, erstochen, ersäuft wird, stirbt qualvoll in
den Flammen der sich ausbreitenden Feuersbrunst. Die Menschen in ganz Europa
sind schockiert. Der Untergang Magdeburgs markiert das Überschreiten
einer moralischen Grenze. Für Generationen wird das Massaker von Magdeburg
zum Inbegriff für die Leiden der Zivilbevölkerung, für die
Verrohung der Soldaten, für die Schrecken des Krieges schlechthin
- bis der Erste Weltkrieg das unvorstellbare Ausmaß an Gewalt noch
übertrifft. So beispiellos ist das Geschehene, dass die Zeitgenossen
ein neues Wort dafür erfinden: "Magdeburgisieren" wird zum Begriff
größtmöglichen Grauens.
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Bearbeitet am 15. Dezember 2006