Unsere 60er Jahre - Wie wir wurden, was wir sind

26. 11. 2007

3. Wendepunkte
Der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 besiegelt das deutsch-deutsche Schicksal für das gesamte Jahrzehnt und darüber hinaus. Im Grenzgebiet in Thüringen kommt eines Oktobermorgens 1961 Gisela Jacobi gerade aus dem Stall, als der elterliche Bauernhof samt Sägewerk und Mühle von „Kampfgruppen“ umstellt wird. Das ganze Dorf ist abgeriegelt, Lastwagen stehen bereit. Die Familie wird enteignet und zwangsumgesiedelt. Nach endloser Fahrt mit unbekanntem Ziel landet Familie Jacobi schließlich am Rande einer Abraumhalde in Trages, im Braunkohlegebiet südlich von Leipzig. Jacobis sind Opfer der „Aktion Kornblume“, bei der im Zuge der Mauerbefestigung im Herbst 1961 über 3.000 Personen aus dem Grenzgebiet ins Landesinnere der DDR verschleppt werden. Auch im Leben des zehnjährigen Wolfgang Weidner aus der Lausitz markiert der Mauerbau einen Wendepunkt. Eingemauert sein in der DDR, damit will sich sein Vater nicht abfinden und plant eine abenteuerliche Flucht. Mit einem umgebauten Omnibus will er mit der Familie und Freunden einen Grenzdurchbruch wagen. Der Sohn ahnt nichts von den Fluchtplänen des Vaters. Hubert Kesternich ist zwar ein Anhänger der kommunistischen Idee, aber im Saarland, weit weg von der innerdeutschen Grenze. Er ist seit Jahren Bergarbeiter in der Zeche Luisenthal in Völklingen. Am 2. Juni 1962 kommt es auf Sohle 4 zu einer Schlagwetterexplosion: 299 Bergmänner sterben, Hubert muss zahlreiche Tote identifizieren, viele Freunde sind darunter. Noch im selben Jahr verlässt Kesternich die Grube und wechselt in die Stahlindustrie.

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Bearbeitet am 20. Januar 2008