18. 11. 2008
Darsteller: Steffen Münster (Robert Blum), Susann Uplegger (Jenny
Blum)
Film von Peter Hartl
8. Robert Blum und die Revolution
Eine Revolution in Deutschland? Und zwar keineswegs, wie Lenin den
Deutschen später süffisant nachsagte, mit einer ordnungsgemäßen
Bahnsteigkarte in der Tasche. Im März 1848 wurden aus braven Untertanen
entschiedene Barrikadenkämpfer, ob in Wien,Berlin oder anderen Städten.
Es war ein Volksaufstand, wie es ihn nie zuvor in der deutschen Geschichte
gegeben hatte. Bürgerdelegationen drängten die Obrigkeit zu weit
reichenden Zugeständnissen; Bauern verbrannten die Grundbücher
ihrer Gutsherren;Tagelöhner, Handwerker und Studenten lieferten sich
blutige Straßenschlachten mit fürstlichen Soldaten. Freiheit
und Einheit, das waren die Ziele vieler Deutscher, die genug hatten von
polizeistaatlicher Bevormundung und Fremdbestimmung, unter ihnen auch der
liberale Leipziger Stadtverordnete Robert Blum. - Der Funke eines Volksaufstandes
in Paris hatte im März 1848 auch in den deutschen Staaten die revolutionäre
Begeisterung entzündet. Mit Gewalt ließ sich der Flächenbrand
bald nicht mehr eindämmen. Die Fürsten sahen sich gezwungen,
ihre Regierungen auszutauschen und Mitsprache zu gewähren. Zum ersten
Mal trat am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche eine frei gewählte
Nationalversammlung zusammen, um über Grundrechte unddie nationale
Einheit zu beraten. Unbeschadet nachträglicher Abwertungen war damit
eine politische Sensation geschehen: Das bis dahin zersplitterte und monarchisch
regierte Deutschland hatte aus der Mitte des Volkes ein gemeinsames Parlament
geschaffen, in dem Volksvertreter aus allen Landesteilen freimütig
über die Schicksalsfragen der Nation berieten. Dies war die Geburtsstunde
der Demokratie in Deutschland, bei allem nachfolgenden Ringen um die Ausgestaltung
der Verfassung und der Grenzen. Einer der maßgeblichen Wortführer
der Paulskirche war Robert Blum. Geradezu prototypisch stehen sein Werdegang
und sein Wirken für das revolutionäre Ringen um mehr Demokratie.
Mit Leidenschaft und Charisma kämpfte er für eine echte Teilhabe
des Volkes an der Macht und glaubte dabei fest an einen friedlichen
Wandel auf dem Boden von Recht und Verfassung. Doch als die Ideen des Fortschritts
von den Bajonetten der wieder erstarkten Militärmacht wieder zurückgedrängt
wurden, fasste Robert Blum einen folgenschweren Entschluss. In Wien, wohin
er den Bundesbrüdern zu Hilfe geeilt war, rang er sich schließlich
dazu durch, für seine Vision mit der Waffe in der Hand zu kämpfen,
und bezahlte dafür mit seinem Leben. Stellvertretend für die
demo-kratische Bewegung wurde der Freiheitskämpfer von kaiserlichen
Soldaten erschossen. Damals wurde er wie ein Märtyrer verehrt. Heute
ist Robert Blum weithin vergessen: zu Unrecht. Schließlich hatten
Vordenker wie er das Feld bereitet, auf dem später Einheit und Freiheit
gedeihen konnten. - Auf der Grundlage des bewegenden Briefwechsels zwischen
Blum und seiner Frau, mit authentischen Dokumenten, Zeichnungen und Zeugnissen,
in eindringlichen szenischen Darstellungen und illustriert mit detailgetreuen
Computeranimationen, beschreibt der Film den tragischen Werdegang einer
historischen Lichtgestalt in Umbruchzeiten, die den Verlauf der deutschen
Geschichte nachhaltig prägten.
Wie das ZDF feststellt, ist Robert Blum heute vergessen, zu Unrecht. Ich gebe zu, ich hätte ihn in dieser Reihe auch nicht porträtiert, sondern lieber Johann Jacoby genommen. Der Königsberger war in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts der Liebling der Nation, weil er den Deutschen das theoretische Fundament gab, um die Demokratie zu fordern. Deshalb war er den Konservativen besonders verhasst. Als Ostpreuße und Jude ist er heute auch vergessen, mit seiner Politik war er aber einer der Väter unserer Republik und hat seine Widersacher historisch in die Schranken verwiesen; äh ... so weit ein Toter das eben kann.
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Bearbeitet am 27. November 2008