1989 - Aufbruch ins Ungewisse

24. 3. 2009

2. Oktober 1989
5. Oktober 1989. An den Bahngleisen von Werdau in Sachsen braut sich etwas zusammen. Die Menschen sind gekommen, um die Durchfahrt eines Sonderzuges zu beobachten. Der Zug kommt aus Prag und muss durchs Vogtland in Richtung Bundesrepublik fahren, voll mit DDR-Flüchtlingen aus der Prager Botschaft, denen Außenminister Genscher sechs Tage zuvor die Genehmigung ihrer Ausreise verkündet hat. Hier bei Werdau ist eine Stelle, wo alle Züge besonders langsam fahren müssen. Die örtlichen Polizeieinheiten sind nervös. Sie sollen mögliche Ausschreitungen und das Aufspringen auf den Sonderzug verhindern. Die Einsatzkräfte werden an den Gleisen zusammengezogen und versuchen, die Schaulustigen zu vertreiben. - Die Situation eskaliert, Hunde und Schlagstöcke kommen zum Einsatz. Eine Brutalität, die den verantwortlichen Major der Volkspolizei zum Nachdenken zwingt: "Du bist dort das erste Mal gegen Teile deines eigenen Volkes vorgegangen."
Nur eine Woche später, der 40. Jahrestag der DDR. Viele Menschen sehen die pompösen Paraden und ausgelassenen Feiern nur noch als Farce. Auch für eine Bäckerin in Arnstadt gibt es keinen Grund zu feiern. Mit Gleichgesinnten zieht sie durch die Stadt - auf Bettlaken Forderungen nach Reformen. Auch hier greifen die Polizeieinheiten knüppelnd ein, lösen die Versammlung mit Gewalt auf. Eine erniedrigende Odyssee erwartet die Bäckerin. Sie wird verhaftet, vernommen und ins Erfurter Gefängnis gebracht. Am gleichen Tag im sächsischen Plauen: Hier versammeln sich bis zu 10.000 Menschen zum gemeinsamen Protest, unter ihnen auch ein Lehrer und viele seiner Schüler. Am nächsten Schultag wird er von der Schulleitung angewiesen, die Demonstration vom 7. Oktober in den Klassen als staatsfeindliche Provokation aufs Äußerste zu verurteilen.

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Bearbeitet am 24. April 2009